Teilautomatisiertes Fahren im Mercedes-Benz Future Bus – so funktioniert der CityPilot in der Praxis
An der ersten Haltestelle der BRT-Linie wechselt der Fahrer per Tastendruck in den teilautomatisierten Modus. Danach kann er das Lenkrad loslassen und den Fuß von den Pedalen nehmen – der Omnibus bewegt sich nun selbstständig. Er fährt automatisch an und beschleunigt auf eine Geschwindigkeit bis zu 70 km/h. Er hält sich genau inmitten seiner 3,1 m breiten Fahrspur, weicht auch bei Maximaltempo davon nur höchstens 20 cm nach links oder rechts ab – das ist weit weniger, als ein Fahrer auf Dauer manuell leisten kann. In beleuchteten Tunnels orientiert sich der Omnibus selbst ohne GPS-Signal sicher durch seine globalen, visuellen Lokalisierungs-Kameras an der Umgebung.
Nähert sich eine Haltestelle, hält der Bus bei Bedarf vollautomatisch an. Bei dieser verlangsamten Geschwindigkeit fährt er dank seiner hochpräzisen Systeme bis auf zwei Zentimeter genau auf der vorgegebenen Linie. Beim Stopp hält der Omnibus mit CityPilot einen sehr knappen Abstand zum Bordstein von nur fünf Zentimeter. Das ermöglicht bequemes Ein- und Aussteigen, selbst für Fahrgäste, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder Eltern mit Kinderwagen. Die Türen öffnen und schließen an Haltestellen automatisch, der Bus fährt erneut an.
Kraftstoff sparen und flüssige Fahrweise mit Vernetzung
Ampeln auf der Strecke sind für den Omnibus mit CityPilot kein Hindernis, der Omnibus kennt die Signalanlagen auf seiner Linie. Durch Vernetzung mit der Ampel beeinflusst der Bus die Ampelschaltung und erzielt damit eine „grüne Welle“. Bei fehlender Funkverbindung zur Ampel nutzt der Omnibus eine visuelle Erkennung.
Umgekehrt kommuniziert die Ampel ebenfalls mit dem Bus und signalisiert ihm, wann sie umschaltet. Der Omnibus passt daraufhin seine Geschwindigkeit automatisch den Gegebenheiten an. Ergebnis ist eine höchst effiziente und flüssige Fahrweise. Sie senkt Kraftstoffverbrauch und damit CO2-Emissionen spürbar, sie schont die Aggregate und ist darüber hinaus durch die sanfte Fahrweise sehr fahrgastfreundlich.
Automatische Zielbremsung bei Hindernissen und Fußgängern auf der Fahrbahn
Der Mercedes-Benz Future Bus mit CityPilot verfügt dank seiner Radar- und Kameratechnik auch über eine Hindernis- und Fußgängererkennung. Damit kann er zum Beispiel kreuzende Fußgänger auf seiner Fahrbahn identifizieren. In einem solchen Fall leitet der Omnibus automatisch eine Zielbremsung ein. Zusätzliche Funktion: Am Ende eines Stopps beschleunigt er nicht aus der Haltestelle, falls Fußgänger seine Spur überqueren.
Eine automatische Vollbremsung ist dagegen mit Rücksicht auf stehende und nicht angeschnallte sitzende Fahrgäste nicht vorgesehen. Bei Bedarf kann aber der Fahrer jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen und mit einer Notbremsung eingreifen. Ohnehin bleibt er als Fahrzeugführer jederzeit in der Verantwortung.
Vom Spurbus über die O-Bahn zum Mercedes-Benz Future Bus
Mercedes-Benz ist bereits seit Jahrzehnten der Pionier des autonomen Fahrens in anspruchsvollen Stadtbus- und BRT-Systemen. Vorläufer der heute möglichen vernetzten und elektronischen Systeme des CityPilot war der Spurbus von Mercedes-Benz. 1979 vorgestellt, ist er seit 1980 in der Stadt Essen im Einsatz. Beim Stadtbus mit mechanischer Spurführung stützen sich seitliche Führungsrollen an den Rädern an Leitschienen ab – der Fahrer kann während der Fahrt das Lenkrad loslassen. In den Folgejahren wurde das Netz in Essen erweitert, zum Teil fuhren Spurbusse sogar auf einer gemeinsamen Trasse mit Straßenbahnen im Tunnel. Eine weitere Spurbusstrecke war von 1992 bis 2005 in Mannheim in Betrieb.
Auf seinem Werksgelände in Rastatt betrieb Mercedes-Benz ab 1979 elektrifizierte Spurbusstrecken sowohl für Busse mit mechanischer als auch mit elektronischer Spurführung über ein im Boden verlegtes Leitkabel. Zur Strecke gehörten sowohl eine Brücke als auch ein Tunnel sowie eine Schnellfahrstrecke für Geschwindigkeiten bis 100 km/h. Im Einsatz war unter anderem ein Unikat: ein Doppelgelenkbus im Zweirichtungsbetrieb mit 24 m Länge.
Zu den großen Pionierleistungen von Mercedes-Benz gehört ebenfalls die sogenannte O-Bahn in Australien. Sie verbindet die Stadt Adelaide mit Vororten. Zunächst Anfang der achtziger Jahre als Teststrecke eingerichtet, folgte ab 1988 der Fahrgastbetrieb. In Spitzenzeiten fuhren die Omnibusse in Takten von einer knappen Minute, sie erreichten Geschwindigkeiten bis 100 km/h. Die O-Bahn in Adelaide besteht unverändert bis heute und wird zurzeit sogar ausgebaut.