Geschichte
Auf dem Holzweg - Der Imbert-Holzvergaser
07.05.2007 - 15:30

Auf dem Holzweg - Der Imbert-Holzvergaser
Mit dem steigenden Kraftfahrzeugbestand stieg zwangsläufig auch der Benzinverbrauch. Was lag also näher, als auf andere Treibstoffe auszuweichen. Eine der Erfindungen auf die man dabei setzte, war der Holzvergaser. Das technische Prinzip war zwar schon recht alt, aber erst die Entwicklung funktionsfähiger Explosionsmotoren schaffte die Voraussetzung weiterer Versuche.

Doch die weiteren Versuche bestätigten keineswegs die in sie gestellten Erwartungen. Die Leistung der Holzgeneratoren schwankte, je nach Holzart und Feuchtigkeit des Holzes. Auch kamen die damit zu fahrenden Kilometer nicht an die gleichwertiger Benzinmotoren heran. So wurde der Holzgenerator erstmal wieder auf Eis gelegt.

Doch einer gab nicht auf und bastelte weiter, der französische Ingenieur und Chemiker Georg Christian Peter Imbert. In den Jahren 1924 bis 1926 gelang es ihm einen Holzvergaser herzustellen, der unmittelbar Holz vergast. Diese Generatoren wurden von der Deutschen Gasgeneratoren GmbH gebaut und vertrieben. Allerdings, ohne größeren Absatz zu finden. Erst im Jahr 1931 auf der IAA wurde dann der erste wirklich brauchbare Vollgasgenerator vorgestellt. Er erregte dann auch allgemeine Bewunderung und der Dipl.-Ing. Linneborn kaufte die Herstellungsrechte und gründete die Imbert-Generatoren GmbH.

Es gab auch bald welche, die den "Imbert", wie der Generator genannt wurde, in ihre Fahrzeuge und Omnibusse einbauten. Folglich erschienen auch bald spöttische Berichte in den Tageszeitungen, wonach in den Generatoren Hauspantinen verfeuert werden sollten und in denen Befürchtungen geäußert wurden, die Chauffeure (hier stimmt das Wort wieder: "Chauffeur" heißt "Heizer") könnten sich bei Treibstoffmangel selbst helfen, in dem sie Chausseebäume und Gartenzäune zerhacken um weiterfahren zu können. Doch die Sorge war unbegründet, da dem Sauggasgenerator auch jetzt noch kein Erfolg beschieden war.

Das änderte sich erst, als die nationalsozialistische Regierung im Jahre 1935 Fahrzeuge, die mit "heimischen Kraftstoffen" fuhren, förderten. Das Wort "Ersatzkraftstoffe" wurde dabei wohlweislich vermieden. Die Steuerermäßging betrug dabei für Fahrzeuge mit nichtflüssigem Treibstoff - das waren neben dem Holz auch Anthrazit, Braunkohle, Koks usw. - 50-75%. In erster Linie wurde aber Holz verwendet. Das hatte nun auch Auswirkungen auf den zweiten Mann im Staate, Hermann Göring. In seiner Eigenschaft als Reichsforstmeister war er nun auch für die Holzversorgung zuständig.

Eine Werbeanzeige von 1941

Die Erfahrungen aus dem täglichen Betrieb zeigten aber sehr schnell, dass die Fahrzeuge weder wirtschaftlich waren noch sonst angenehme Eigenschaften aufwiesen. So war die Motorleistung wesentlich schwächer als bei normalen benzin- oder dieselgetriebenen Fahrzeugen. Zwar produzierte der Holzvergaser fast geruchsfreie Abgase, dagegen standen jedoch die höheren Anschaffungs- und Unterhaltskosten, das hohe Gewicht und der hohe Wartungsaufwand sowie die Umständlichkeit des Nachfassens von Brennstoff. Ein Liter Benzin entsprachen etwa 2 bis 2,5 kg Holz und daher mussten die Fahrzeuge mit zusätzlichen Vorrichtungen zur Lagerung des Holzes versehen werden.

Sehr bald stellte sich außerdem heraus, dass die Lebensdauer der Generatoren nur etwa 70.000 km betrug und als Volkswirte errechneten, dass bei gesteigertem Einsatz bald das Holz knapp werden würde, schien das Ende des Holzvergasers gekommen. Er wurde sowieso allenthalben belächelt und unter den Technikern machte das Spottwort "Der Herr erschuf in seinem Zorn den Imbert mit dem Rütteldorn" die Runde. Bei dem Imbert-Holzvergaser entwich das Holzgas nach unten. Damit es nun durch die Holzstückchen entweichen konnte, mussten diese ständig aufgelockert werden. Dazu diente der besagte "Rütteldorn". Somit verzichteten bald alle Omnibus- und Lkw-Betriebe auf die Verwendung des Holzvergasers.

Doch die geschichtliche Entwicklung war auf Seiten des Generators. Am 1. Oktober 1939, unmittelbar nach Kriegsausbruch, wurde verfügt, dass Omnibusse mit mehr als 16 Sitz- und Stehplätzen nicht mehr mit flüssigen Brennstoffen gefahren werden durften (analog galt das auch für Lkw). Der Sinn dieser Maßnahme lag auf der Hand: Der Kraftstoff wurde für das Militär benötigt. Man stelle sich das vor, ein Panzer mit "Imbert". Somit trat, zwar zähneknirschend, der Rütteldorn wieder in Aktion. Jetzt aber richtig.

Der Kraftfahrtwesen-Generalbevollmächtigte Generalmajor von Schell legte bereits 1939 einen Typenbereinigungsplan vor, nachdem nur noch bestimmte Omnibustypen gebaut werden durften. Als erste Anweisung erfolgte der Sonderbau von 500 Holzgasbussen in Leichtbauweise, deren Fahrwerks- und Antriebsteile aus Typisierungsgründen vom VOMAG-Holzgas-Lkw 4,5 LHG 448 stammen mussten. Sein Reihenmotor leistete bei Gasbetrieb 100 PS. Den Auftrag zum Aufbau der Karosserie erhielt die Bückeburger Firma Harmening. Den gemischten Stahl/Holzbau-Wagenkörper nach dem integralem System Prof. Dr. Deiters, bestand aus Stahlblech-Hohlprofilen, die mit Kunstharz verleimten, verformbaren Sperrholzplatten der Blomberger Marke Delignit verbunden wurden. Der große VOMAG-Harmening-Deiters Postbus 4,5 OHG 444 bot 36 Sitz- und 15 Stehplätze. Gut gelöst war die Anordnung des Holzvergasers unter einer gerundeten Heckverkleidung.

Der zwangsweise Einbau der Gasgeneratoren schlug sich nun auch in der Werbung der damaligen Zeit nieder, wie die Anzeigen von VOMAG und Hanomag beweisen.

Eine Werbeanzeige von 1941

Doch nicht nur in der Werbung, auch in der Produktion zeigten sich die Auswirkungen des zwangsweisen Einbaus des Holzgenerators. So kamen immer mehr Typen auf den Markt die auch mit anderen Brennstoffen betrieben werden konnten. 1941 waren folgende Generatoren auf dem Markt:
Der VOMAG 4,5 OHG mit Harmening-Aufbau
"Deutz" für Holz und einer für Anthrazit, "Wisco" für Holzkohle und Torfkoks, "Mercedes" für Anthrazit, nur um einige zu nennen. Auch im Ausland wurden mehr und mehr Holzgasgeneratoren eingesetzt. So in Holland, Belgien, Frankreich, Österreich, Finnland und Schweden. In Stockholm fand sogar einen "Gaserzeugerausstellung" statt, die international besucht war. Bei diesen steigenden Zahlen war es kein Wunder, dass auf der V. Wiener Kriegsmesse Generalmajor von Schell auch nach dem Kriege eine weite Verbreitung voraussagte.

Kein Fahrzeughersteller oder Karosseriewerk konnte es sich nun erlauben, Fahrzeuge ohne Holzgasgenerator zu bauen. Bei Omnibussen waren die Holzgasgeneratoren meist im Heck angebracht. Ihre Beschickung erfolgte von oben, wozu der Fahrer auf das Dach klettern musste. Dort befand sich auch meistens das Reserveholz, welches in kurzen Abständen, oft auf freier Strecke, nachgefüllt wurde.

Eine Werbeanzeige von 1941

Da bei weiten Strecken nicht genügend Holz mitgeführt werden konnte, legte man die bereits 1939 gegründete "Gesellschaft für Tankholzgewinnung (GfT)" und die Generatorkraft A.G. zusammen. Erstgenannte war dafür zuständig, das Holz aus den vorgesehenen Sektoren der Forstwirtschaft aufzunehmen und aufzuarbeiten, die Zweite dafür, das aufgearbeitete Holz an Großabnehmer und die Tankstellen für Generatorholz weiterzuleiten, die zwischenzeitlich eingerichtet worden waren. Der Vierjahresplan sah damals vor, in der 1. Ausbaustufe die Schaffung von 780 "Holzgastankstellen", von den bereits 700 eingerichtet waren und in der 2. Ausbaustufe einen Bestand von 1.500 dieser "Tankstellen".

Doch noch einmal zurück zu den Fahrzeugen. Es gab Fahrzeuge in denen man keinen Holzgasgenerator einbauen konnte. Um sie trotzdem weiterzuverwenden, kam man u.a. bei der Fa. Kässbohrer auf die Idee, den Generator in einem speziellen Anhänger unterzubringen.

Das "Betanken" eines Omnibusses

Das Gas wurde mittels flexibler Leitungen nach vorne zum Motorwagen geführt. Der mit einem Spornrad versehene Anhänger konnte sowohl hinter einem Motorwagen als auch hinter einem Personenanhänger mitgeführt werden. Auch die Engländer hatten diese Idee und rüsteten ihre Stadtbusse mit einem einachsigen Anhänger aus, der den Generator aufnahm.

Doch alle Fortschritte und Erfolge mit dem Holzvergaser konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass Holz nur ein "Ersatzkraftstoff" war, auch wenn das Wort "Ersatz", wie eingangs erwähnt, peinlichst vermieden wurde. Zu umständlich war der Betrieb und außerdem, besonders im Winter, kamen noch manche Störungen dazu. Doch auch noch nach dem Krieg tat manches Fahrzeug mit Holzvergaser seinen Dienst, der Not gehorchend. Als es jedoch wieder genügend Benzin und Diesel für die Kraftfahrzeuge gab, verschwanden sie schnell von den Straßen.


Prospekt über Henschel-Gasfahrzeuge
Kässbohrer-Anhänger mit Holzgasgenerator


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