Geschichte
Omnibusanhänger
01.02.2010 - 01:00

Omnibusanhänger




Ein Daimler Omnibus mit Anhänger 1910

Omnibusanhänger wurden schon sehr früh in Deutschland verwendet. Das war naheliegend, denn mit der wachsenden Motorisierung wuchsen auch die Fahrgastzahlen und die damaligen Busse hatten nur eine begrenzte Fahrgastkapazität. Schon die Bayrische Post hatte 1905 auf ihren Linien sogenannte „Hängewagen“ eingesetzt, und bis zum Beginn des ersten Weltkrieges waren auf den Überlandlinien Anhänger ein gewohnter Anblick.


Ein Saurer Omnibus mit Anhänger ca. 1914

Nach dem Krieg verschwanden die Anhänger zwar nicht ganz, aber ihre Verwendung wurde stark eingeschränkt. Das lag zum einen daran, dass diese Anhänger nicht gerade beliebt bei den Fahrgästen waren zum anderen waren die Busse inzwischen sehr schwer geworden und es wäre unwirtschaftlich gewesen, sie auch noch einen Anhänger ziehen zu lassen.


Ein Saurer 2 TC im Einsatz der „Kgl. Sächs. Stb.“



Ein Anhänger der Gottfried Lindner AG aus Ammendorf, wie ihn die SKV nach dem ersten Weltkrieg benutzte.

Das änderte sich erst wieder Anfang bis Mitte der 20ger Jahre, als die Busse leichter und die Motorleistung höher wurde. Bis Ende der dreißiger Jahre gehörte der Omnibusanhänger wieder zu Standardausrüstung im Linienverkehr. Die Herstellung von Omnibusanhängern wurde nun auch verstärkt von Karosseriefirmen übernommen.


Ein Anhänger für die Reichspost 1923 von Kässbohrer. Der Anhänger wog cirka viereinhalb Tonnen und hatte zwanzig Sitzplätze.

Eine der Firmen war Kässbohrer, bei der der Bau von Omnibusanhängern zu einem wesentlichen Produktionszweig wurde, der über Jahrzehnte anhielt und erst mit der Neuregelung der StVZO in den fünfziger Jahren sein Ende fand.


Einer der ersten komplett gelieferten Züge von Kässbohrer mit einem Aufbau auf einem MAN-Fahrgestell.

So blieb es dann auch, besonders in den 40ger Jahren. Während des zweiten Weltkrieges waren Omnibusse mehr oder weniger Mangelware und das Fahrgastaufkommen konnte mitunter nur mit Anhängerbetrieb aufrechterhalten werden.


Einer der letzten Personenanhänger der KVG. Hergestellt von Schumann in Werdau 1940

Aber auch im Ausland waren Personenanhänger ein normaler Anblick. Stellvertretend sei hier die Schweiz genannt, wo bei den Postbuslinien vielfach Anhänger Verwendung fanden.


Saurer 4C-H CH1D-Großraumwagen von 1943. Der Anhänger stammt von der Carosserie Hess AG

Nach dem zweiten Weltkrieg und in der Zeit des Wiederaufbaues wurden auch wieder Omnibusanhänger hergestellt. Wie vor dem Krieg ging es auch jetzt wieder darum, mit den wenigen Bussen die noch existierten möglichst viele Fahrgäste zu befördern. Vorteil hierbei war, ein Anhänger ließ sich mit wesentlich einfacheren Mitteln und geringerem Materialeinsatz herstellen, als ein Omnibus. Deren Herstellung lief nach Kriegsende ohnehin nur sehr schleppend wieder an. Somit war der Omnibusanhänger die beste Möglichkeit zur Lösung der Transportprobleme der ersten Nachkriegsjahre.


Kässbohrer PA 3 in Linienausführung von 1950

Waren die ersten Nachkriegsmodelle noch von einfachster Bauart, normalisierte sich die Situation mit der Währungsreform allmählich.Als einer der ersten Karosseriefirmen bot Kässbohrer 1949 wieder zwei Grundmodelle an, die jeweils in Reise- und Linienausführung erhältlich waren.


Kässbohrer PA 3 in Reiseausführung von 1951

Der PA 3 war 5,81 m lang und 2,35 m breit und bot 35 Personen Platz. Der PA 5 war 8 m lang und 2,5 m breit und bot 60 Personen Platz. Er war auf Wunsch auch mit zwei Türen lieferbar.



Kässbohrer PA 5 in Linienausführung von 1950

Die Typenbezeichnung PA steht dabei für Personen-Anhänger. Die Zahl hatte ursprünglich die Entwicklungsstufe angegeben, diente aber jetzt zu Unterscheidung der verschiedenen Größen. Mit den ersten Modellen PA 3 und PA 5 wurde auch die Serienfertigung im Anhängerbau eingeführt.


Kässbohrer PA 5 in Reiseausführung von 1951

1952 kam als dritter Typ noch der PA 4 hinzu mit einer Länge von 6,59 m, einer Breite von 2,5 m und einem Fassungsvermögen von fast 50 Personen. Später gab es dieses Modell auch mit einem erhöhten Dachmittelteil zur Vergrößerung der Stehhöhe. Grund für diese Entwicklung war, dass der Gesetzgeber die Gesamtlänge von Omnibuszügen von 22 m auf 20 m herabgesetzt hatte und damit der PA 5 für Zugfahrzeuge mit 11 oder 12m Länge zu groß war.


Kässbohrer PA 4 in Linienausführung von 1953

Überhaupt waren die 50ger Jahre nochmals eine Blütezeit für den Bau von Omnibusanhängern in Deutschland. Bekannte und weniger bekannte Firmen widmeten sich diesem Geschäftszweig und bescherten den Kunden eine Vielzahl von Modellen.

Nachstehend seien einige Modelle mit (soweit vorhandenen) technischen Daten aufgeführt, wobei die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.


Hersteller
Typ
Peter BauerOA 3Datenblatt
OA 4Datenblatt
OA 5Datenblatt
OA 6Datenblatt
Fritz DrettmannOA 29/11Datenblatt
Göppel Bus GmbHMiditrainDatenblatt
MaxitrainDatenblatt
Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbHPA 3 LinieDatenblatt
PA 3 ReiseDatenblatt
PA 4Datenblatt
PA 5 LinieDatenblatt
PA 5 ReiseDatenblatt
Emil H. von LienenOA 5000Datenblatt
OA 5500Datenblatt
Waggonfabrik Josef Rathgeber AGROA 30Datenblatt
ROA 35Datenblatt
ROA 35 m. OberlichtDatenblatt
Walter Vetter KarosseriefabrikOB 53Datenblatt
Karosseriefabrik Voll OHGOA 8Datenblatt

Neben den privaten Omnibusunternehmen und den Verkehrsbetrieben in Städten und Gemeinden, waren auch die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn Großabnehmer, was Omnibusanhänger betraf. Ihre Abnahmemengen waren teilweise so groß, dass sie das finanzielle Überleben einiger Unternehmen sicherten.


MAN MKN 630 mit Anhänger eingesetzt im Postreisedienst von 1956



Anhänger Orion WH 115 von 1956

Doch das Ende der Omnibusanhänger nahte, als 1956 ein gesetzliches Verbot für diese Art der Personenbeförderung ab dem 1.7.1960 herauskam. Ausnahmen wurden nur noch befristet erteilt. Damit waren im Prinzip alle Pläne zur Weiterentwicklung von Omnibusanhängern Makulatur. Kässbohrer stellte bis Ende der 50ger Jahre diesen Produktionszweig ein, zumal man ja nun den Gelenkbus im Angebot hatte. Andere Firmen stellten ihre Produktion um und andere wiederum den Geschäftsbetrieb ein.

Das Ende einer Ära war somit für die nächsten 46 Jahre in Deutschland besiegelt, wenn man von Ausnahmen absah. Eine dieser Ausnahmen war die Anfertigung eines Setra Omnibusses mit einem einachsigen Anhänger für die Firma Reisebüro und Busverkehr Klumpp in Baiersbronn, wo dieser Bus noch heute für Nostalgiefahrten als „Panoramabähnle“seinen Dienst versieht.


Setra Sonderanfertigung von 1965

Waren in Österreich und der Schweiz noch Omnibusanhänger erlaubt, so blieben sie in Deutschland bis heute verboten. Doch im Jahre 2006 wurden erste Versuche unternommen, dieses Verbot wieder zu lockern bzw. aufzuheben.


Göppel Miditrain aus dem Jahre 2006

Die aktuelle Renaissance des Omnibus-Anhängerzugs ist eng verbunden mit wirtschaftlichen Überlegungen ebenso wie mit der in der Zwischenzeit perfektionierten Sicherheitstechnik. Der Busanhänger spielt seine Stärken insbesondere dort aus, wo in der Frequentierung starke Nachfragespitzen in den Hauptverkehrszeiten bestehen. Muß ein Gelenkzug seine Kapazitäten dauernd mitführen, kann ein Anhängerzug den Anhänger abkoppeln und als Solofahrzeug in Zeiten von schwachem Fahrgastaufkommen seinen Dienst versehen.

In Deutschland erkannte das als einer der ersten die Firma Göppel. Unter der Bezeichnung „Göppel Trains“ bot sie zwei Anhänger für den Personentransport an. Zum einen den Miditrain mit einer Gesamtlänge von 10 m und den Maxitrain mit einer Gesamtlänge von 11,1 m.


Göppel Miditrain aus dem Jahre 2010



Göppel Maxitrain aus dem Jahre 2010

Ein weiterer Hersteller von Anhängern zur Personenbeförderung ist die Firma Carrosserie HESS AG in der Schweiz.
Sie bietet unter der Bezeichnung „Bus Zug 7“ bzw. „Bus ZUG 31“ verschiedene Lösungen zum Betrieb mit einem Omnibusanhänger an.


Hess Bus Zug 7

Um in Deutschland einen Omnibus mit Personenanhänger zu betreiben, bedarf es zur Zeit noch einer Ausnahmegenehmigung von §32a STVZO gem. §70 STVZO. Will man einen Bus mit einem Göppel Maxitrain betreiben, muss zusätzlich noch eine Erlaubnis nach 29 StVO eingeholt werden.

Man hofft aber im Zuge der Umsetzung wettbewerbsorientierter EG-Regelungen, dass es auch bald in Deutschland wieder generell zulässig sein soll, einen Omnibus mit einem Personenanhänger zu fahren.


Hess Bus Zug 31


Fotos:
Daimler AG
Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH
MAN Nutzfahrzeuge Gruppe
Göppel Bus GmbH
Carrosserie HESS AG
Omnibusarchiv


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