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Geschichte   Noch eene lumpichte Person
03.01.2006 von admin

Noch eene lumpichte Person
Bevor in den großen Städten Omnibuslinien eingerichtet wurden, hatte sich bereits eine andere Art des "Omnibusverkehrs" eingebürgert. Es handelte sich dabei um sogenannte "Ausflugslinien". Dies war ein Beförderungsverkehr, der, vornehmlich am Wochenende, die Bevölkerung zu den Ausflugszielen in die nähere Umgebung brachte.

In Berlin hatten sich auf diesem Sektor die Torwagen dieser Aufgabe angenommen.

Nachgewiesenermaßen gab es diese Einrichtung seit 1799. Es war ein buntes Gemisch von Fuhrwerken, die diesen Dienst versahen, und nicht selten waren es Bauern, die am Wochenende sich damit ein Zubrot verdienten. Diese Wagen fuhren auch nicht nach einem Fahrplan, sondern dann, wenn der Kutscher der Meinung war, daß der Wagen voll war. Und das war meist dann der Fall, wenn er überladen war. Berühmt geworden ist dabei der Werbespruch: "Noch eene lumpichte Person". Wenn dann die lumpichte Person zugestiegen war, fuhr der Wagen aber meistens immer noch nicht ab.

Ein Zeitzeuge beschrieb im Jahre 1822 die Situation folgendermaßen:
"Die Erbärmlichkeit dieser Mietwagen und die freche Arroganz ihrer Lenker übersteigt jede Vorstellung; zwar bezahlt man ein ungemein geringes Fuhrlohn, nämlich ein paar Groschen, allein, wenn sich Fahrlustige finden, wird der Wagen so sehr überladen, daß er brechen möchte, und oft sah ich es mit an, daß solche Fahrzeuge in dem tiefen Sande stecken blieben und die Passagiere absteigen mußten. Mit Ungestüm laden jene Mietskutscher ein, ihre Wagen zu besteigen, indem sie hoch und teuer versprechen, auf der Stelle abzufahren; allein ist man leichtgläubig und traut dem Burschen muß man oft eine halbe Stunde und noch länger harren; denn ehe das Fuhrwerk besetzt ist, geht es nicht aus der Stelle. Die Mietskutscher unter sich leben in steter Feindschaft, ihr Brotneid ist grenzenlos. Oft hauen die Kerls in der Mitte des Weges mit der Peitsche aufeinander los...."

Diese Zustände zwangen die Behörden dazu, schon bald auch diesen Verkehr zu regulieren und Vorschriften zu erlassen.


Ein offener Stadtrundfahrtomnibus, gebaut von der Fa. Kässbohrer um die Jahrhundertwende.

Es gab aber auch andere Unternehmen, die als vorbildlich anzusehen waren. genannt sei hier das Fuhrunternehmen des Hofagenten Kremser, der seine eigene Schmiede, Stellmacher, Sattler, Schlosser und Lackierer hatte, um seinen "Fuhrpark" zu unterhalten. Diesem Kremser ist auch der nach ihm benannte Wagentyp zu verdanken. Ein offener, später auch mit einem Verdeck versehen, ein- oder zweispänniger Wagen, der eine größere Menge von Personen befördern konnte. In Berlin eine sehr beliebter Zeitvertreib war eine Stadtrundfahrt im Kremserwagen, der sich bis in die 40ger Jahre erhielt.


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