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  Alternative Antriebe in Omnibussen der Daimler AG – Teil II
Sonstiges   Alternative Antriebe in Omnibussen der Daimler AG – Teil II
30.12.2008 von admin


Zwei etwa 80 x 60 x 60 Zentimeter große Stacks zu je 980 Brennstoffzellen sind diesmal auf dem Dach des Busses untergebracht. Sie leisten je 125 Kilowatt und treiben einen zentralen, 225 Kilowatt starken Asynchronmotor an. Positiv macht sich beim Anfahren am Berg das durchgehend hohe Drehmoment bemerkbar, das von 1027 Nm schon bei 500 U/min auf 1045 Nm bei 1000 U/min ansteigt. Durch Verwendung von Kohlefaser in der Ummantelung hat sich der Druck der Wasserstofftankflaschen auf 350 bar erhöhen lassen. Neun 200-Liter-Flaschen sind vorn auf dem Dach angeordnet und speichern insgesamt 43 Kilogramm Wasserstoff, ausreichend für eine Reichweite von 20 bis 300 Kilometern.

In Madrid geht anlässlich des UITP-Kongresses 2003 das erste Trio an den Start. Hamburg, Stuttgart, Amsterdam, Barcelona, London, Luxemburg, Porto, Stockholm und Reykjavik folgen. Ziel ist zum einen, den Brennstoffzellenantrieb unter möglichst unterschiedlichen Praxisbedingungen zu testen, von den topfebenen Innenstädten von Amsterdam und Hamburg bis zu Hügeln in Stuttgart und Luxemburg, aber auch von der sommerlichen Hitze in Madrid bis zum isländischen Winter. Noch vor Ende des zweijährigen Versuchs steigt auch Perth in Australien mit drei Fahrzeugen ein, 2005 zieht Peking nach. Nach Ablauf der zweijährigen Versuchszeit verfügt jede der zehn beteiligten Städte im Schnitt über rund 7000 Betriebsstunden oder 100 000 Kilometer Praxiserfahrung.

Ein besonderes Augenmerk des Versuchs gilt auch der Wasserstofferzeugung mittels Dampfreformer oder Elektrolyse, denn die Energie- und Umweltbilanz des Antriebs lässt sich abschließend erst aus dem Gesamtsystem ermitteln: Wenn der Bus abgasfrei fährt, dafür aber die Erzeugung des Wasserstoffs umso mehr Energie verbraucht und zugleich hohe Emissionen hervorruft, ist am Ende wenig gewonnen. In einigen Städten wird der Wasserstoff dezentral erzeugt, was zum Beispiel in Stuttgart zu unerwarteten technischen Schwierigkeiten führt. Bei der zentralen Erzeugung wiederum geht durch den anschließenden Transport zur Wasserstoff-Tankstelle zusätzlich Energie verloren.


Erster Linienbus Mercedes-Benz Citaro mit Brennstoffzellen-Antrieb fährt in Madrid.

Am Ende der zweijährigen Erprobung steht zunächst einmal eines fest: Mit mehr als 90 Prozent Verfügbarkeit schlägt sich der Brennstoffzellenantrieb besser als erwartet. Bei Verkehrsbetrieben, Fahrern und Fahrgästen kommt die neue Technik ausgesprochen gut an, so dass sieben Städte den Versuch prompt um ein Jahr verlängern. Hamburg kaufe gar die Fahrzeuge aus Stockholm und Stuttgart an und betreibt jetzt neun Brennstoffzellenbusse.

Allerdings ist der Fuel Cell Bus noch weit davon entfernt, mit dem konventionellen Dieselbus konkurrieren zu können. 1,25 Millionen Euro beträgt der Anschaffungspreis eines einzelnen Fahrzeugs. Trotz ihrer überraschend guten Leistung liegt die Lebensdauer der Brennstoffzelle noch weit unter der eines Dieselmotors. Der Verbrauch der Versuchsbusse liegt zwischen 15 und 30 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometer, das entspricht aufgrund des höheren Brennwerts einem Dieselverbrauch von 50 bis 100 Litern.

Ohne eine weitere deutliche Steigerung der Lebensdauer und Effizienz bei gleichzeitiger Reduktion des Preises wird daher die neue Technik mit herkömmlichen Antriebssystemen nicht mithalten können. Zudem sind bei einem Mehrgewicht von etwa drei Tonnen bei den Brennstoffzellen-Citaro noch erhebliche Sparpotenziale vorhanden. Die weitere Entwicklung wird daher zwangsläufig in Richtung einer Reduzierung der Kosten, des Gewichts und des Verbrauchs sowie eines effizienten Energiemanagements gehen müssen.

Schließlich ist auch die endgültige Energie- und Umweltbilanz noch gar nicht errechnet: Es mag sinnvoll sein, lokal emissionsfrei zu fahren, und der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle selbst liegt deutlich über dem eines Verbrennungsmotors. Doch wenn etwa bei der Wasserstofferzeugung aus Erdgas mehr Energie verloren geht, als bei der Verbrennung in einem Erdgasmotor, ist eben wenig gewonnen. Und auch die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse kann letztlich nur dann zur Schonung der Umwelt beitragen, wenn der dafür benötigte Strom auf regenerative Weise aus Wind-, Wasser- oder Sonnenenergie erzeugt wird.

Solche Fragen lassen sich freilich keinesfalls in der Theorie klären, sondern nur durch praktische Erprobungen. In diesem Sinne stellt der Großversuch mit den Citaro-Brennstoffzellenbussen das bisher umfangreichste Datenmaterial bereit.


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